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Yvonne Großmann gab Anselm Schindler von der Ebersberger Süddeutschen
Zeitung folgendes Interview zu den Protesten gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz
in München, das am 18. Februar 2917 gedruckt wurde:
Geboren ist sie in Ostberlin, ich habe die Angst vor den Russen
nicht mit der Muttermilch aufgesaugt, sagt Yvonne Großmann
und lacht.
Nach der Wende zog sie erst nach Ebersberg, dann nach Poing. Als die Bundeswehr
1999 in den Jugoslawien-Krieg eingriff und Deutschland damit zum
ersten Mal seit 1945 Soldaten in ein anderes Land schickte gründete
Großmann gemeinsam mit einem Dutzend anderer Friedensaktivisten
die Ebersberger Friedensinitiative.
Wir sind damals belogen worden, sagt die Softwareentwicklerin,
sowohl was die Kriegsgründe betrifft, als auch darüber,
dass der Einsatz eine Ausnahme bleiben soll. 18 Jahre später
ist die Bundeswehr in 15 verschiedene Militäroperationen involviert.
Und die Ebersberger Friedensinitiative gibt es immer noch. An diesemWochenende
sind die Aktivisten in München, um gegen die Münchner Sicherheitskonferenz
zu demonstrieren.
SZ: Frau Großmann, was stört sie an der Münchner Sicherheitskonferenz?
Yvonne Großmann: Da versammeln sich Strategen aus Politik, Wirtschaft
und Militär, überwiegend aus Nato-Staaten. Sie reden von Menschenrechten
und humanitären Einsätzen, aber planen die nächsten
Rüstungsgeschäfte und Kriege. Es geht dabei vor allem um die
Sicherung von Rohstoffquellen, Handelswegen und Absatzmärkten. Den
Kriegsstrategen muss klargemacht werden, dass sie in München nicht
willkommen sind.
Es wird auch um die Spannungen zwischen Russland und der Nato gehen, es
gibt nicht wenige, die vor einer neuen Aufrüstungsspirale warnen...
Die Aufrüstung läuft ja schon längst. Unter Umgehung von
Verträgen werden Nato-Truppen immer dichter und dauerhafter an der
russischen Grenze stationiert. Das ist zwar vertraglich verboten, aber
als Taschenspielertrick werden die Truppen regelmäßig ausgetauscht,
so dass sie als nicht fest stationiert deklariert werden. Das ist eine
direkte Provokation gegen Russland.
SZ: Die weltweiten kriegerischen Auseinandersetzungen haben in den
vergangenen Jahren zugenommen. Ist das nicht frustrierend für eine
Friedensaktivistin?
Yvonne Großmann: Es führt eben kein Weg daran vorbei, sich
für friedliche Lösungen einzusetzen. Wir versuchen beispielsweise
Einfluss auf die Ebersberger Bundestagsabgeordneten zu
nehmen. Als im vergangenen November im Bundestag über die Mandatsverlängerung
für den Einsatz deutscher Tornados in Syrien abgestimmt wurde, haben
wir an Andreas Lenz (CSU) und Ewald Schurer (SPD) Briefe geschrieben.
Lenz hat sich als einziger CSU-Abgeordneter enthalten und Schurer hat
gegen dieVerlängerung gestimmt. Das werten wir als Erfolg.
SZ: Im Bezug auf Aleppo wurde viel darüber diskutiert, ob man
stärker eingreifen solle. Was halten Sie davon?
Yvonne Großmann: Syrien ist nicht zuletzt durch das Eingreifen internationaler
Machtblöcke zu einem Pulverfass geworden. Überhaupt ist die
Lage in Syrien und dem Irak ja erst so instabil geworden, weil Nato-Staaten
den Irak angegriffen haben. Je mehr Staaten sich im Nahen Osten einmischen,
desto heikler wird die Lage.
SZ: Es gibt Experten, die warnen angesichts des sich internationalisierenden
Konfliktes in Syrien vor einem Dritten Weltkrieg. Ist das Panikmache?
Yvonne Großmann: Leider nicht. Der Abschuss eines russischen Jets
durch das türkische Militär hat vor einigen Monaten gezeigt,
wie schnell die Lage eskalieren kann. Russland hat da sehr besonnen reagiert.
Wenn man sich anschaut, wie viele Staaten versuchen, in Syrien ihre Interessen
durchzusetzen, dann kann man sich vorstellen, welche Sprengkraft dieser
Konflikt hat. Deutschland soll sich da raus halten. Die Bundesrepublik
hat ohnehin in vielen Staaten Soldaten stationiert, auch über Waffenexporte
beteiligt sie sich an Kriegen.
SZ: Was würden Sie einem Arbeiter sagen, der wegen Export-Einschränkungen
um seinen Job fürchten muss?
In dem Konzern arbeiten hoch qualifizierte Ingenieure, die könnten
etwas Besseres machen, als Panzer zu bauen. Ingenieure werden auch bei
der Minenräumung oder im Katastrophenschutz gebraucht. Natürlich
wird Saudi-Arabien beispielsweise das Geld, das es in deutsche Panzer
steckt, nicht für Minenräumungen ausgeben. Aber der deutsche
Staat könnte die rund 30 Milliarden, die
er jährlich ins Militär steckt, in diesen Bereichen investieren.
Es fühlt sich doch auch für einen Ingenieur besser an, wenn
er abends darüber nachdenken kann, was er für den Frieden getan
hat, als sich in den Nachrichten anzusehen, welche Schäden Rüstungsexporte
in Krisenregionen anrichten.
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