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Diskussion über Drohnen

 
     
  Anmerkungen zur aktuellen Diskussion über Drohnen

1) Waffen jeder Art sind "ein verlängertes Organ" des Nutzers, alle Angriffe ohne Hilfsmittel sind rein physisch (mit Fäusten usw) oder nervlich-psychisch.

2) Die ersten Fernwaffen dürften geworfene Steine oder Hölzer gewesen sein. Erst in diesem Jahr wurden Reste von einem Speer gefunden, in den noch keine Steinspitze eingearbeitet war und ca. 40.000 Jahre alt sein soll. Damals wurde noch nicht zwischen Jagd- und Kriegswaffe unterschieden.

3) Die Entwicklung der Werkzeuge und Waffen erfolgte in sehr vielen kleinen Schritten und selten (!) in größeren Sprüngen, ein grober historischer Anriss über die Optimierung: Zunächst stellten die Frühmenschen fest, dass Steine nicht so gut Ziele (meist Tiere) verletzen als Speere. Speere mit feuergehärteter Spitze verletzen noch tiefer. Ein in den Speer eingeklebter und eingebundener spitzer Stein war ein erheblicher Sprung in der Technik. Ein ganz kleiner Speer abgeschleudert aus einem Bogen war noch effektiver und weiter tragend.
Verbesserung des Bogens, Leitwerk für den Pfeil, Rohre zum Pfeilblasen, Vergiftung der Spitzen, Metallspitzen, Armbrust (Metallbogen und sehr kurzer Pfeil).
Weitere Werkzeugverbesserungen durch Schießpulver ... ---> Effizienzsteigerung

4) Drohnen sind verlängerte Organe des Menschen, Werkzeuge. Hier verengt als Werkzeuge des Militärs.
Militär ist ein Werkzeug der Politik.
Politik ist ein "Werkzeug" der Gesellschaft (ohne hier darauf einzugehen, ob sie sich verselbständigt oder von bestimmten Personen oder Gruppen und Kräften dominiert bzw. beherrscht wird)

5) Mensch als Vorläufer der Drohne
Menschenopfer/Selbstmordattentäter sind Einmaligkeit für Heroen, der Täter muß ins Zielgebiet des Feindes kommen. (vgl.: LE MONDE diplomatique (dt.) April'13, S. 3 "Drohne und Kamikaze")

6) Drohnen sind t e c h n i s c h gesehen die Verbindung von sehr unterschiedlichen technischen Werkzeugen, die jeweils eine eigene Entwicklung haben und in ein - für die Integration in eine militärische Drohne - geeignete Entwicklungsstufe gekommen sind. Die Integration verlangt und befördert wiederum spezielle Weiterentwicklungen dieser Teiltechniken.
(Beispiele:
"Feldherrenhügel": Gesichtsfeld+Nachrichtenübermittlung+Befehls/Ausführungszuverlässigkeit
Drohne: Flugzeugtechnik, Fernsteuerung (Datenübertragung, d.h: Funk (gesichert), Fernsehbild ) --> Sichtgrenze erweitern) Ausführungszuverlässigkeit. Damit erreicht: Eigenschutz optimiert:Täter muß sich nicht mehr ins Zielgebiet des Feindes wagen.
(Ähnlichkeit der Computerspiele).

7) Computerspiele zeichnet aus:
Wiederholbarkeit (so lange der Strom und der PC mitmacht, der Spieler hält es nicht so lange aus) Variierbarkeit (Details (einschließlich der Kleidung und Waffen)und die Lage bzw. die Strategie, die Spielebenen usw.) Optimierbarkeit (bis zur fotorealistischen Darstellung von Szenen und 3D-Darstellungen usw.) (Es fehlen nur Gerüche und das Hautgefühl) Lernfähigkeit (für Rechner und Bediener)
aber: keine Heroisierung der Bediener (es sei denn man kann mit einem noch höheren "Level" prahlen, aber es fehlt der "Mut" sich in Gefahr zu begeben - die 'Gefahr' besteht nur in der Enttäuschung, wenn das Alter Ego vom Bildschirm verschwindet)

8) Ist die Drohne noch Werkzeug der Gesellschaft-Politik-Militär dann stellen sich zusätzlich zu dem Punkt 4) (Werkzeuge der Gesellschaft) weitere theoretische Fragen: Ethik ist die Lehre von den sittlichen Verhaltensweisen von Menschen zu Menschen - welches herrscht hier vor?
Gesellschaftliches Bewusstsein (Fühlen, Denken, Handeln) moralische Normen und Werte Traditionen Gewohnheiten ökonomische Beziehungen wie gehen die gesellschaftlich definierten und gereihten bzw. bewerteten Werte in die Verwendung und Gebrauch von Drohnen ein oder: können sie dort noch eingehen?

9. Begriffsbildungen im Drohnengebrauch:
die Realitäten müssen vernebelt werden hinter beschönigenden, verniedlichenden und abseitigen Begriffsbildungen:
- "gezielte" Tötungen (früher von gefährdeten Snipern gegen Generäle usw. versucht) mit Drohnenraketen entfernt die "Kollateralschäden" aus der Debatte
- "chirurgische Eingriffe" behaupten die extreme Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Angriffe (und vernebeln sogar die tätigkeit des Chirurgen, der vor seinen Operationen (!!) den Patienten (!!) betäuben muß, extreme Laborbedingungen im OP herstellen muß und mit teilweise wochenlange Vor- und Nachbehandlungen im Krankenhaus und Rehakliniken dafür sorgen muß, dass der Patient wieder tatsächligch gesund wird. Ein drohnengestützter Eingriff ist möglicherweise wochenlang vorbereitet, aber eine Nachbehandlung erfolgt in diesem Sinn nicht.

10. Juristische Beurteilungen: vgl. Prof. Neskovic (bis 2013 MdB, vorher Verfassungsrichter), der die Drohnenangriffe juristisch einordnete:

Handlung --> juristischer Begriff

in D: vorsätzliche Tötung = Totschlag (strafbar)

in GB & USA & ...
vorsätzliche Tötung = "murder" (der Verbrecher)
ist nicht "killing"(bei dem der Staat die Todesstrafe vollstreckt oder in dessen Auftrag der Soldat bzw. Polizist

In D ist nach StGB eine "gezielte Tötung" mit Drohnen ein strafbarer Totschlag (evt. mit Schädigung von Zivilisten), sie ist verbunden mit "Heimtücke", einer besonders grausamen Methode und der Verwendung gemeingefährlicher Mittel (Sprengstoff).

Die Verwendung von Kampfdrohnen verstößt gegen Internationales Kriegsrecht, die Genfer Konvention unterscheidet abschließend zwischen Zivilist und Kombattant (der als Feind erkennbar ist mit Uniform und bei Kampfhandlungen teilnimmt und damit dem Schutz der Genfer Konvention
unterliegt)

Zivilisten und Unbeteiligte dürfen demnach nicht "gezielten Tötungen" ausgesetzt werden, denn wären sie sogar eine Verbrecherbande, müssten sie gefasst und einem Prozess ausgesetzt werden, in dem sie sich (ohne Folterungen ! ) äußern dürfen und verteidigen. Dann werden sie entweder frei gesprochen oder verurteilt.

Eine "Rechtsfortbildung" mit einer Umgehung der Genfer Konvention zur Erleichterung u8ngeregelter Kriegshandlungen ist ein Schaden für die Humanität. Die Genfer Konverntion ist nicht abhängig von der gegenseitigen Anerkennung durch die Beteiligten!

11) Die Einführung von Drohnen sind in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 2003 und 2011 zwar nicht als Begriff genannt, aber wortreich umschrieben
2003: "92. Priorität haben weiterhin bisher nicht vorhandene Teilfähigkeiten 'Strategische Verlegung' und 'Weltweite Aufklärung' sowie 'leistungsfähige und interoperable Führungssysteme und -mittel'."
2011: Kapitel IX mit sehr wortreichen Umschreibungen der geforderten Fähigkeiten.


Hinweise/Quellen:

Siegfried Bleicher,Herta Däubler-Gmelin u.a.: Chip, Chip Hurra? Die Bedrohung durch die Dritte technische Revolution. VSA-Verlag Hamburg 1984.
Div. Beiträge. Darin insb. S.30 und 123 f

Kursbuch 66,Berlin 1981, Grant Johnson: Auf dem Weg zum elektronischen Wehrdorf, S. 51 'Integration'

Johannes Beck, Heiner Boehncke u.a.
Maschinen-Menschen. Menschen-Maschinen. Grundrisse einer sozialen Beziehung; Reinbek b.HH, 1983; Darin insb. S.48-50 und 112-113 (Kästen) und 161 Abs. 1 (Anheben der Peinlichkeitsschwelle)

Interview mit de Maiziere von Eric Chauvistré u.a. in 'die tageszeitung' 24.04.13 (gefunden in Nachdenkseiten vom 29.04.13 Nr. 14

Wolfgang Neskovic, MdB, Eingangstatement Forum II - Target Killing durch NATO-Bündnispartner und das Recht. Gefunden in: NachDenkSeiten vom
16.05.2013 http://www.nachdenkseiten.de/?p=17283

Mit besten Nachdenkgrüßen
Werner Schmidt-Koska



 
 
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