BürgerInnen gegen den Krieg
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Mitteilung für die Presse – 27.06.2002

 
     
 

BürgerInnen gegen den Krieg
Landkreis Ebersberg
Cornelia Wilken, Carl Spitzweg-Platz 3, 85586 Poing
Werner J.Schmidt-Koska, St. Martin-Str. 3, 85604 Zorneding

Israel/Palästina

"Es gibt keinen Weg zum Frieden in Palästina, wenn nicht die israelischen Siedlungen aufgelöst werden" — darin stimmten die beiden Referenten der "BürgerInnen gegen den Krieg" am vergangenen Montag im Grafinger Kastenwirt überein. Ruth Rosenberg, früher strenggläubig jüdisch erzogen, lebte jahrelang in Israel, seit 1988 ist sie Mitglied der jüdisch-palästinensischen Dialoggruppe in München; Raied Naieem stammt aus Gaza und studiert seit acht Jahren in Deutschland. Auch er engagiert sich in der Dialoggruppe, eine von insgesamt drei Einrichtungen in Deutschland und der Schweiz.

Sie lassen sich weder durch Anschläge noch durch militärische Einmärsche davon abbringen, dass auch in Palästina ein friedliches Zusammenleben möglich sein wird, ebenso wie inzwischen in Europa eine sehr gute Zusammenarbeit von Franzosen und Deutschen möglich geworden ist — obwohl sie noch Anfang des letzten Jahrhunderts als Todfeinde galten.

Ruth Rosenberg erläuterte, das Ziel ihrer Gruppe sei, die Feindbilder abzubauen und die zur Versöhnung bereiten Kräfte zu stärken, die es in beiden Ländern gebe. Man könne über das Internet Kontakte herstellen oder Jugendliche von beiden Seiten einladen, damit sie den anderen wenigstens einmal als Mensch sehen können. Sie berichtete, dass es für junge Palästinenser und Israeli ein völlig neues Gefühl sei, sich gegenseitig die Hand zu geben, da durch die wechselseitige Abschottung man die jeweils andere Seite immer nur als todbringenden Feind verstand. Sie rief dazu auf, geschehenes Unrecht als solches zu bezeichnen und "Dinge beim Namen zu nennen", auch wenn ihr die jeweiligen Ängste durchaus verständlich seien. Das Alternative Informationssystem der Kriegsgegner sei in dem Konflikt ein wichtiges Instrument für beide Seiten.

Raied Naieem wies vor allem auf die Aufklärungsarbeit einiger israelischer Professoren in der Universität Tel Aviv über den historischen Verlauf der Eskalation und den Einsatz vieler Mediziner bei der Betreuung von Verletzten hin. Bei der Vorgehensweise der israelischen Koalitionsregierung kritisierte er vor allem, dass vor allem die Einrichtungen gemäßigter palästinensischer Organisationen zerstört würden, während diejenigen der Hamas weitgehend verschont blieben, obwohl von ihnen viele Terroranschläge ausgehen. Stattdessen wurden die Selbstverwaltungseinrichtungen vernichtet, die von Anfang an sehr demokratisch zustande gekommen waren. Diese demokratischen Einrichtungen seien ebenso von Arafat bekämpft worden. Raied Naieem nannte als Beispiel das Heiratsgesetz, das vom gewählten Parlament zwar verabschiedet, aber von Arafat nicht unterschrieben wurde. Dieses Gesetz sollte vorschreiben, dass Frauen nicht unter 18 Jahren heiraten dürfen und nur mit ihrer Einwilligung, nicht unter Zwang. Arafat habe aber auch ein palästinensisches Grundgesetz verhindert. Die israelische Regierungskoalition zerstöre mit ihren Verhaftungen und Liquidierungen die Ansätze der demokratischen Selbstverwaltung und treibe die Bevölkerung den terroristischen Gruppen in die Arme, so Raieed. Nun fordern aber gerade Israel und die USA die Demokratisierung.

Mit zwei Mythen gelte es aufzuräumen, meinte Raieed Naieem, dem jüdischen des "Erez Israel" und dem palästinensischen der Befreiung durch Selbstmord-Attentate. Beide Mythen zusammen bewirken ein gegenseitiges Hochschaukeln des Konflikts. Die Israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten seien nicht nur Faustpfänder für eine spätere Lösung, sondern bewirken, dass den Palästinensern die einfachsten Lebensgrundlagen entzogen werden, Boden und Wasser, dazu verlieren sie noch ihre heiligen Stätten. Die Siedler seien auf 250 Tausend angewachsen und damit eine gewichtige Zahl von Stimmen bei Parlamentswahlen. Sie kosten aber immens viel Geld und Ressourcen, Israel beansprucht zwei Drittel allen Wassers, die Siedlungen werden stark subventioniert. Für die Palästinenser bleibt der Eindruck, sie seien Sklaven im Land, zumal die besetzten Gebiete an vielen Stellen durch israelische Sicherheitsstraßen im Abstand von zehn Kilometern durchschnitten werden, die nicht überschreitbar sind. In den Verhandlungen von Camp David sollte dieser Fleckerlteppich festgeschrieben werden.

Die Ideologie des Erez Israel wurde in den letzten Jahren radikalisiert, sogar im Parlament Israels konnte diskutiert werden, ob es möglich sei, die Palästinenser aus Palästina zu entfernen, man nennt das "Transferlösung". Einige Zuhörer der Diskussionsveranstaltung reagierten erschreckt, dass — eingedenk der Geschichte Israels — eine solche Vorgehensweise überhaupt überlegt würde.

Mit freundlichen Grüßen
Werner J. Schmidt-Koska

 
 
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