BürgerInnen gegen den Krieg
im Landkreis Ebersberg
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10 Jahre BürgerInnen gegen den Krieg im Landkreis Ebersberg

 
     
  Ausnahmsweise erlauben wir es uns, einmal über uns selbst zu sprechen. Normalerweise unterhalten wir uns über andere. Deshalb hätten wir beinahe unser Jubiläum verpasst.
Ein eher trauriger Anlass war schuld, dass wir uns an unsere Wiederbelebung vor 10 Jahren erinnerten. Wir erfuhren, wie Menschen in Opraske, Kosovska und Mitrovica leben, heute immer noch leben müssen. Normalerweise erfährt man so etwas kaum, wenn man nicht direkt Verbindung zu den Menschen dort hat, das können viele Hilfsorganisationen bestätigen. Wir erfuhren aus dem Kosovo, dass es in dem Dorf mit weit verstreut stehenden Gehöften nicht nur keine Heizungen, keinen Strom, kein Telefon und keine Schule gibt, sondern ausgesprochene Verbote wie z.B.: "Wenn ihr mit eueren Nachbarn, den X sprecht, dann ..." und dann kommt eine Drohung, die ein friedliches Zusammenleben, einen Aufbau unmöglich macht. So bleibt den Familien nichts anderes übrig, als immer zur Hälfte die eigenen Häuser zu bewachen, damit nichts abhanden kommt und nichts unbeobachtet zerstört wird. Die andere Familienhälfte kann die kleinen Felder bearbeiten. Es können sich auch mehrere Familien zusammenntun, aber nie können alle zusammen die Felder bearbeiten - und damit ist der Ertrag gerade so groß, dass sie schlecht überleben. Der älteste Traktor wäre eine enorme Hilfe, es gibt ihn aber nicht, die früheren sind zerstört.
Diese stark gekürzte Schilderung erinnerte uns an die Wiedererweckung der eingeschlafenen "Friedensinitiative" des Landkreises Ebersberg vor 10 Jahren. Die damalige Friedensinitiative wandte sich vor allem gegen die im Kalten Krieg drohende Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa, die geplant war, um den atomaren Krieg als Bündnis überstehen zu können. Die damalige Friedensbewegung wies nach, dass der kleine Atomkrieg in Europa die ganze Welt auf Dauer unbewohnbar machen würde.
Als der geschürte Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien ein Ausmaß angenommen hatte, der ein direktes militärisches Eingreifen ohne Atombomben möglich machte, war das wiedervereinigte Deutschland dabei - und aus Entsetzen über dieses deutsche Eingreifen wachte die Friedensinitiative wieder auf, teilweise mit anderen Mitwirkenden, und nannte sich nun "BürgerInnen gegen den Krieg".
Der Name war aktuell gegen den Jugoslawien-Krieg gewählt, doch ist "BürgerInnen gegen den Krieg" allgemein gültig. Das zeigten wir in den letzten zehn Jahren, in denen wir anfangs in 14-tägigen Treffen, später etwa monatlich die Umstände und Auswirkungen deutscher Aussenpolitik untersuchten. Schließlich leben wir in Deutschland, das bekanntlich zu den führenden Wirtschaftsmächten in Europa und der Welt gehört. Jahrelang war Deutschland Exportweltmeister und hat daher große Bedeutung, auch wenn es außenpolitisch jahrzehntelang ein Zwerg war, der sich gut hinter den ganz Großen versteckte und mitmachte, um größer zu werden.
Dieser durch den Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang klein gehaltene Zwerg Deutschland lässt seine Arme und Beine immer länger wachsen, nicht erst seit der Wiedervereinigung, aber seitdem beschleunigt. Die BürgerInnen gegen den Krieg beobachten dieses mit immer weiter um sich Greifen, dieses immer größere Schritte Wagen, immer mehr zum normalen europäischen Staat Werden. Wir begnügen uns allerdings nicht damit zu sagen, dass wir eine Militarisierung nicht wollen, auch dann nicht wenn sie unter europäischer Flagge daherkommt. Wir halten die Rückkehr zur militärischen Außenpolitik für schädlich für das innere Zusammenleben in Europa, für schädlich für das Zusammenleben der Menschen in anderen Ländern und das Verhältnis zwischen den Ländern.
Die BürgerInnen gegen den Krieg gehen immer von den allgemeinen Menschenrechten aus, wie sie in der UN-Charta und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland niedergeschrieben sind und beurteilen die Aktivitäten Deutschlands von dieser Position aus:
Präambel der UN-Charta vom 26. Juni 1945:
"Wir die Völker der Vereinten Nationen - fest entschlossen künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren .. . unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen, Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern, und für diese Zwecke Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben, unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, daß Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird, und internationale Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern, haben beschlossen, in unserem Bemühen um die Erreichung dieser Ziele zusammenzuwirken."
Die allgemeinen Menschenrechte sind eine schwierige Position, wenn sie so universell gelten sollen, wie sie gemeint sind. Vor allem, wenn sie nicht einfach als papierener Hut , sondern als zu realisierende Ziele gelten. Dann ergeben sich aus diesen allgemeinen Menschrechten für die Vereinten Nationen noch enorme Aufgaben. Es ergeben sich allerdings für uns entscheidende Handlungsansätze: Die Menschen sollen tatsächlich ihre Persönlichkeit frei entfalten können, soweit sie dabei nicht die Rechte anderer verletzen. (Artikel 2 Grundgesetz).
Wir begnügen uns also nicht mit Kritik an der herrschenden Politik, sondern formulieren positiv Ziele. Zum Beispiel finden wir es schädlich, das die Europäische Union sich eine Rüstungsagentur gründet und sich selbst vorschreibt immer stärker aufzurüsten. Da kamen selbst unsere Anhänger der europäischen Einigung so weit, dass sie die vorgeschlagene Europäische Verfassung ablehnten, die diesen Aufrüstungszwang und weitere Maßnahmen zur Militarisierung der Außenpolitik enthielt. Diese europäische Verfassung ist gescheitert und kam dennoch mit den Lissaboner Verträgen wie ein Stehaufmännchen in anderer Bekleidung wieder, leider nur mit marginalen Verbesserungen, zum Beispiel bei den Mitwirkungsrechten des europäischen Parlaments.
Die BürgerInnen gegen den Krieg können nur ein Umdenken vorschlagen. Wir stellen immer wieder Möglichkeiten vor, Nichtmilitärisch zu handeln, Nichtkriegerisch zu denken, sondern die Konflikte mit niedriger angesiedelten Methoden zu deeskalieren. Zivile Konfliktbearbeitung ist auf Dauer billiger und erfolgreicher als Waffengewalt.
Nicht nur die überlebenden Opfer von Krieg sind auf Jahre, manchmal für das ganze Leben stark traumatisiert. Auch die ehemaligen Kämpfer und Kämpferinnen sind traumatisiert, was man an den Kindersoldaten leicht studieren kann - auch sie haben ein Recht auf traumafreies Weiterleben. Militärisches töten kann man nicht von Geburt an, die Menschen müssen dafür trainiert werden, manchmal genügen eigene Erlebnisse inerhalb weniger Stunden, um ins Soldatentum einzusteigen, oft werden Kindersoldaten gezwungen mitzukommen, normalerweise muß künftigen Soldaten die angeborene Tötungshemmung langsam in Trainingslagern aberzogen werden. Diese Gehirnwäsche funktioniert, wie seit Jahrhunderten das Militär beweist, mit täglichem Üben der Muskeln, bis sich die für den Kriegseinsatz erforderlichen Reflexe gebildet haben und als Muster im Gehirn wiederzufinden sind. Liegen bei einzelnen Jugendlichen problematische Voraussetzungen vor, kann das ansonsten normale Gehirn auch mit jahrelanger Übung beim Betrachten von Gewaltvideos, Kriegsfilmen oder an Spielkonsolen umprogrammiert werden. Gegen den Krieg zu sein ist eine Lebenseinstellung. Wir sind überzeugt, dass Krieg persönlich, sozial, gesellschaftlich und staatlich schadet. Die Hinwendung zum kriegerischen Handeln verändert die Persönlichkeit negativ, sie schadet den Beziehungen der Menschen untereinander, sie spaltet die Gesellschaft in Gewinner, Mitläufer, Dulder, verzweifelte Beobachter und Verlierer.
Sprechen wir über Gewinner. Das Militär ist nicht immer der Gewinner beim Krieg, denn manchmal verliert eine Seite. Bei einer Deeskalation verliert beiderseits das Militär an Einfluss. Immer noch hat das militärische Denken großen Möglichkeiten in der Politik, nicht nur wegen des Satzes in der Un-Charta, dass "Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet" werden soll, also Drohung und Einsatz von Waffen immer noch international üblich ist, sondern weil die Ausstattung mit Waffen zur privaten Lebenshaltung gehört - und das nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern ebenso in traditionellen Jagdgesellschaften wie in der Sahel-Zone und überall, wo Raub und Plünderung als ehrenhaft gilt. Das hatten wir in Europa auch jahrhundertelang. Die Früchte der Arbeit Anderer mit Raub und Plünderung an sich zu bringen, konnte Europa soweit zivilisieren, dass es verboten und strafbedroht ist. Europäer strengen sich stark an, den Täter zu finden und abzuurteilen. Die Früchte der Arbeit können nur noch durch Tausch verteilt werden und dieser Tausch ist mit vielen Feinheiten so gestaltet, dass viele Länder und viele Menschen wenig, dagegen wenige Menschen und wenige Länder viel davon haben. Die Folgen dieser Wirtschaftsmethode sind manchmal katastrophal und führen zum Krieg oder Bürgerkrieg. Wir ersparen es uns, alle Namen dafür aus dem letzten Jahrzehnt aufzuführen, nur zwei Beispiele seien genannt: Liberia und Ruanda/Kongo. Gegenbeispiele gibt es zum Glück auch, wir beobachten mit großem Interesse die Entwicklungen in Süd- und Mittelamerika, über deren Erfolg in einigen Jahrzehnten gesprochen werden kann.

 
 
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